Mamou, eine Kleinstadt fünf Autostunden von Conakry, mitten in der Regenzeit: feuchtheisses Wetter, die Kleidung klebt auf der Haut. Das Gesundheitszentrum La Poudrière besteht aus mehreren gelb gestrichenen Gebäuden mit roten Dächern. Im Wartebereich, ohne Wände und nur durch ein einfaches Dach geschützt, gedulden sich Dutzende Mütter mit ihren Kindern, die auf den Rücken gebunden sind oder an der Brust nuckeln. Es herrscht Stille, alle Mütter warten ruhig darauf, dass sie von einer Hebamme oder einem Arzt empfangen werden.
Im Sprechzimmer hängen handgeschriebene medizinische Anweisungen an den Wänden. Die Schemata, Zahlen und Grafiken wurden mit Klebestreifen befestigt. Papier hat hier zwar noch eine informative und pädagogische Funktion, ist aber nicht mehr das einzige Hilfsmittel. Seit Juni 2022 gehört das Gesundheitszentrum La Poudrière zu den ersten neun Einrichtungen in Mamou, die mit von Terre des hommes bereitgestellten Tablets ausgestattet sind.
Diese wertvolle Arbeit im Gesundheitszentrum La Poudrière in Mamou ist Teil des Projekts «She Decides», das die sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen fördern und gleichzeitig geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen will. Neben der digitalen Revolution für die Gesundheit von Müttern und Babys geht es auch um die Autonomisierung von Frauen, ihre Bildung und die Prävention von Kinderehen, Vergewaltigung und häuslicher Gewalt. Bei jeder Konsultation erhalten die Frauen nicht nur eine gute Pflege für sich und ihre Babys, sondern auch Zugang zu einer Vielzahl von wichtigen Informationen, die ihr Wohlergehen verbessern und ihre Autonomie stärken. Unsere Teams arbeiten dazu Hand in Hand mit dem medizinischen Personal, den Gemeinschaften und den lokalen Behörden.
Für das Pflegepersonal bedeutet dies eine enorme Zeitersparnis, wie Marguerite Yama Camara, eine Hebamme in Friguiagbé, bestätigt: «Papier kann beschädigt werden oder verloren gehen. Jetzt kann ich mich überall einloggen. Das verändert wirklich meine Arbeitsweise und ich habe das Gefühl, mich beruflich bereits enorm weiterentwickelt zu haben, was mich sehr stolz macht.»
Diese Transformation kommt nicht nur beim medizinischen Personal gut an, sondern auch bei den Patientinnen. Abgesehen von den praktischen und technischen Aspekten beinhalten Konsultationen mit dem Tablet auch Präventions- und Sensibilisierungskomponenten, die junge Mütter oder schwangere Frauen ansprechen. Dank der Digitalisierung haben sie Zugang zu einer grossen Informationsquelle über Schwangerschaft, Entbindung und Nachsorge.
So findet Aïssatou, die ihre dritte Schwangerschaft erlebt, dass sie jetzt viel besser vorbereitet ist als bei der Ankunft ihrer ersten beiden Kinder. Da sie nicht gewusst hatte, wie wichtig es ist, von qualifiziertem medizinischem Personal umgeben zu sein, hatte sie sich, wie viele andere Frauen es für gewöhnlich tun, an traditionelle Geburtshelferinnen gewandt. «Jetzt habe ich mehr Erfahrung. Ich weiss zum Beispiel, dass ich nie mehr ohne Moskitonetz schlafen darf. Ich empfehle anderen schwangeren Frauen, zu den Vorsorgeuntersuchungen zu gehen, denn sie werden Tipps zu Ernährung und Malariaprävention und auch einen Geburtsplan erhalten.»
Die Prävention beschränkt sich jedoch nicht auf Gesundheitsfragen. Die Stärke der Tablets liegt auch darin, dass auf geschlechtsspezifische Gewalt eingegangen werden kann. Die Konsultation verschafft ihnen Zugang zum Meldeverfahren: wen kontaktieren, wo Anzeige erstatten, wie sich Gehör verschaffen.
Aboubacar, 19 Jahre alt, war nach einer dieser Sensibilisierungsveranstaltungen geradezu empört. Er hatte nicht gewusst, wie gross die Probleme junger Frauen sind. «Was wir in Guinea machen, ist nicht normal, wir müssen damit aufhören. Ich habe heute erfahren, was das Gesetz sagt und dass die Verheiratung von Minderjährigen nicht mehr möglich ist. Vor 18 ist man noch ein Kind. Man darf das nicht machen!»
Souad ist entschlossen, selbst über ihr Schicksal zu bestimmen. «Ich will mein Diplom, bevor ich heirate. Wenn du diplomiert bist, kannst du tun, was die Männer tun. Das heisst, für dich selbst Geld verdienen. Und die Leute respektieren dich.» Mit diesen Worten beweist Souad, dass die Botschaften in der Gemeinschaft ankommen: Wer anderes als sie selbst, kann über ihre Zukunft entscheiden?