Irak: Bildung kann nicht warten

Ein Mädchen und ein Junge stehen vor einem leeren Klassenzimmer.

«Ich will Arzt werden und in meinem Dorf eine Klinik einrichten, weil ich Menschen behandeln möchte, die dies brauchen.» 

Diesen Satz bekommen wir während unserer Reportage in den Distrikten Sinjar und Al-Baaj im Gouvernement Ninive dutzendmal von Kindern zu hören. In diesem nach dem Durchzug des Islamischen Staats (IS) verwüsteten Gebiet nahe der syrischen Grenze ist die Zeit des Wiederaufbaus nach dem Krieg gekommen. 

Wir führen die Interviews im Familienkreis und nehmen auf traditionellen gemusterten Sofas Platz. Ein im Wohnzimmer installierter Gasheizstrahler hilft, dem strengen Winter zu trotzen. In den Häusern spürt man die Erleichterung, dass die Kinder nach dem Chaos endlich eine angemessene Bildung erhalten, wie Mahmoud, der Vater des 12-jährigen Zeid, betont. «Wir waren vier Jahre lang vertrieben, in denen Zeid die Schule versäumt hat. Vier Jahre können ein Kinderleben zerstören.» Sein Sohn ist froh, wieder zur Schule gehen zu können, denn sie gibt ihm ein Ziel. «Sie ist mein zweites Zuhause, ich gehe gern hin, denn ich weiss, dass mir das hilft, eine glänzende Zukunft und ein schönes Leben zu haben.»

Ein Mitarbeiter von Tdh interviewt einen Vater und seinen Sohn. Alle sitzen auf dem Boden.
Ein junges Mädchen sitzt auf dem Boden und liest ein Buch, das auf ihrem Schoss liegt.
Rana
12 Jahre alt

«Bildung ist das Wichtigste im Leben. Wir haben keinen Tisch, deshalb lege ich mir zum Lernen und Schreiben ein Kissen auf die Knie. Wenn es Stromausfälle gibt, benutze ich eine kleine batteriebetriebene Lampe.»

Zidan geht noch in die Primarschule, erhielt aber Nachhilfeunterricht von Tdh, ein Grundpfeiler von «Education Cannot Wait», um zu ermöglichen, dass alle Kinder ihren Rückstand aufholen können. «Dieser Unterricht verfolgt zwei Ziele», fasst Nisith Shrivastawa, Koordinator für Kinderschutz, zusammen. «Kindern helfen, zur Schule zurückzukehren, um den regulären Lehrplan zu absolvieren; oder eine Berufsausbildung für diejenigen, die ihre Wissenslücken nicht schliessen können, damit sie Zukunftsaussichten haben und einmal auf eigenen Füssen stehen können.»

Trotz Schwierigkeiten vereint

Trotz seiner Beeinträchtigung – er verlor in jungen Jahren sein Augenlicht – verfolgt Zidans Vater die Entwicklung seines Sohnes sehr genau. Auf ihn passt auch der ältere Bruder auf, der vom Zwangsexil von 2014 erzählt: «Nachdem wir uns zehn Tage in den Bergen versteckt hatten, wurden wir ins irakische Kurdistan gebracht, wo wir mehrere Jahre lang in einem Lager lebten.» 

Zidan und seine Familie sitzen auf dem Boden.

Zurückkehren, aber wohin?

Nach der Heimkehr konnte die Familie nicht mehr in ihrem zerstörten Haus wohnen und mietet deshalb ein baufälliges Gebäude.

Ein Junge im Irak, der vor seinem Haus steht.

Moment des Stolzes

Zidan lächelt immerfort. Er lässt sich stolz fotografieren und nimmt sein Publikum mit seinen grossen schwarzen Augen gefangen. 

Der junge Zidan sitzt auf dem Boden und lächelt in die Kamera. Sein Vater sitzt hinter ihm.

«Folgt mir!»

Nachdem er sich seine mit Büchern beladene Schultasche auf den Rücken geschnallt hat, geht er vor uns aus dem Haus, um uns auf einem unbefestigten Weg zur Schule zu führen. Er zeigt uns stolz die Räumlichkeiten, in denen er lernt und dem Elend des Alltags entfliehen kann. Er wünscht sich, sein Vater könnte ihn sehen. 

Der junge Zidan auf der Strasse dreht sich über die Schulter und lächelt in die Kamera.

Trotz Schwierigkeiten vereint

Trotz seiner Beeinträchtigung – er verlor in jungen Jahren sein Augenlicht – verfolgt Zidans Vater die Entwicklung seines Sohnes sehr genau. Auf ihn passt auch der ältere Bruder auf, der vom Zwangsexil von 2014 erzählt: «Nachdem wir uns zehn Tage in den Bergen versteckt hatten, wurden wir ins irakische Kurdistan gebracht, wo wir mehrere Jahre lang in einem Lager lebten.» 

Zidan und seine Familie sitzen auf dem Boden.

Zurückkehren, aber wohin?

Nach der Heimkehr konnte die Familie nicht mehr in ihrem zerstörten Haus wohnen und mietet deshalb ein baufälliges Gebäude.

Ein Junge im Irak, der vor seinem Haus steht.

Moment des Stolzes

Zidan lächelt immerfort. Er lässt sich stolz fotografieren und nimmt sein Publikum mit seinen grossen schwarzen Augen gefangen. 

Der junge Zidan sitzt auf dem Boden und lächelt in die Kamera. Sein Vater sitzt hinter ihm.

«Folgt mir!»

Nachdem er sich seine mit Büchern beladene Schultasche auf den Rücken geschnallt hat, geht er vor uns aus dem Haus, um uns auf einem unbefestigten Weg zur Schule zu führen. Er zeigt uns stolz die Räumlichkeiten, in denen er lernt und dem Elend des Alltags entfliehen kann. Er wünscht sich, sein Vater könnte ihn sehen. 

Der junge Zidan auf der Strasse dreht sich über die Schulter und lächelt in die Kamera.
Children's voice

In der Intimität der Wohnungen werden die Erzählungen von ergreifendem Schweigen unterbrochen. Wir hören zu. Ein Bericht folgt dem anderen. Oft erschütternd. Wie derjenige von Khouny, einer Mutter von elf Kindern, die seit dem 3. August 2014 verwitwet ist, dem Tag, an dem ihr Mann vom IS ermordet wurde. Sie erzählt von ihrem ältesten Sohn, der sich das Leben nahm, als ihm klar wurde, dass er sein Studium wegen Geldmangels nicht würde abschliessen können. Er hatte auf das Diplom gezählt, um für den Unterhalt seiner Familie aufzukommen. In eine traditionelle Abaya gekleidet und mit einem Kopftuch, das ihr Haar bedeckt, lächelt sie würdevoll. Sie erklärt, wie sie sich wieder aufgerafft hat und nun ihre Gemeinschaft im Namen von Tdh mobilisiert. Denn andere Familien sollen wegen der beschränkten Aussichten nicht dasselbe Leid durchmachen. Sie ist so dankbar, dass ihre Kinder heute zur Schule gehen.

Khouny steht an einer Mauer und ist von Bäumen umgeben, während sie in die Kamera schaut.
Khouny
Witwe und Mutter von 11 Kindern

«Ich möchte mich engagieren und mit den Menschen zusammenarbeiten, die meinen Kindern helfen und sie unterstützen. Um all jenen zu helfen, die wie wir in Not sind. Ich werde hier respektiert und man hört mir zu, das heisst, dass ich etwas tun kann, vor allem, weil ich in den Schulungen von Terre des hommes viel zum Thema positive Erziehung oder Kinderschutz gelernt habe. Ich bin jetzt bereit, Aufklärungsveranstaltungen zu moderieren.»

Diese Veranstaltungen sollen sowohl Gefahren vorbeugen als auch gute Hygienepraktiken vermitteln. Fahima, eine andere Mutter, nimmt gerne daran teil. «Wissen Sie, ich bin nicht zur Schule gegangen. Ich komme deshalb zu Ihnen, um zu lernen und das Gelernte dann an meine Kinder weiterzugeben.» So werden die Kinder über die Gefahren aufgeklärt, denen sie sich aussetzen, wenn sie sich auf ein leeres Grundstück oder in ein verlassenes Haus wagen, wo es Sprengstoffreste oder nicht gezündete Munition geben kann. 

Ein Mädchen trägt einen Rucksack und geht nach links an einem verfallenen Gebäude vorbei.

Hand in Hand mit dem Staat, der nur über begrenzte Mittel verfügt, versuchen Organisationen wie Tdh, den Fortbestand ihrer Arbeit zu sichern, um diese langfristig zu verankern. Damit Eltern ihre Kinder weiterhin zur Schule gehen lassen, koste es, was es wolle, damit diese schnell zu Vorbildern für ihre jüngeren Geschwister werden. Damit all die jungen Träumer und Träumerinnen wie Zeid, Rana, Zidan und alle anderen ihr Ziel, einen weissen Kittel überzuziehen und anderen zu helfen, um den Irak wieder in Schwung zu bringen. Denn wie Panda Premananda, Delegationsleiter von Tdh im Irak, sagt: 

«Die Zukunft liegt in den Händen der Kinder». 

Wussten Sie?

80 %

der Kinder im Irak beginnen die Grundschule, ohne zuvor den Kindergarten besucht zu haben

140 

ist der Rang, den der Irak weltweit bei der Einschulungsrate auf der Primarstufe belegt

60 %

der Schulabbrecher sind Jugendliche

Ja, ich will einen Unterschied machen 

Vier kleine Kinder stehen in einer Reihe und schreiben in ihr Heft.
Ihre Spende für Kinder
Ihre Spende ermöglicht es einem Kind, zur Schule zu gehen und hilft ihm, ausbeuterischer Arbeit zu entkommen.
Ich finanziere zum Beispiel ein Jahr lang digitale medizinische Untersuchungen für 17 Kinder in Burkina Faso.
Ich ermögliche zum Beispiel zehn ausgebeuteten Kindern in Afghanistan, lesen und schreiben zu lernen oder eine Berufsausbildung zu machen.
Ich ermögliche zum Beispiel zehn ausgebeuteten Kindern in Afghanistan, lesen und schreiben zu lernen oder eine Berufsausbildung zu machen.
Ich ermögliche zum Beispiel die Behandlung eines Kindes, das an Mangelernährung leidet, während eines Jahres.
Ich finanziere zum Beispiel Stützkurse für 20 Kinder im Irak.
Ich ermögliche zum Beispiel sechs Kindern in Palästina psychologische Unterstützung.
Ich ermögliche zum Beispiel sechs Kindern in Palästina psychologische Unterstützung.
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